DIE 1000 GRÖSSTEN ILLUSIONEN

Ein Gastbeitrag von Stephan Dybus
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Die Illusion, daß die Welt sich zu schnell entwickelt.
Die Illusion, daß die Welt sich zu langsam entwickelt.
Die Illusion, daß es nie schnell genug gehen kann.
Die Illusion, daß wir mit Blumen sagen können: Danke für die Blumen.
Die Illusion, daß wir schön sein können, wenn wir wollen.
Die Illusion, daß Liebe und Übermut dasselbe sind.
Die Illusion, daß wir uns nichts mehr erzählen lassen.
Die Illusion, daß Partizipieren heißt: die Stimme abgeben.
Die Illusion, daß jede gehört werden muß.
Die Illusion, daß uns gehört, was uns gehört.
Die Illusion, daß der Ruf: Acht Stunden Arbeit, acht Stunden Ruhe, acht Stunden Schlaf! doch wieder zum Evangelium werden kann.
Die Illusion, daß wir Beruf und Arbeit trennen können.
Die Illusion, daß ein Kanon uns davor retten kann, im Wissen verloren zu gehen.
Die Illusion, daß Bildung zum Austieg führt.
Die Illusion, daß wir ewig jung bleiben, wenn wir unser Facebookprofil ausdrucken.
Die Illusion, daß der Unterschied zwischen Frau und Mann keine Rolle mehr spielt.
Die Illusion, daß Geschlecht, egal welches, überhaupt eine Rolle spielt.
Die Illusion, daß wir ALLES sein können, wenn wir nur hart genug träumen.
Die Illusion, daß wir nicht das perfekte Bild suchen, sondern den echten Ausdruck, den echten, perfekt inszenierten Eindruck.
Die Illusion, daß die neuen Ideen nie versiegen.
Die Illusion, daß die alten Ideen nie versiegen.
Die Illusion, daß ein bißchen Glitzer schon reicht, um Glamour zu erschaffen.
Die Illusion, daß wir Models sein werden – Models für schlechte Laune.
Die Illusion, daß schlechte Laune Politik machen kann.
Die Illusion, daß Pornografie uns sexuell befreien wird.
Die Illusion, daß wir uns inkonsequent gegen Verführungsversuche wehren können.
Die Illusion, daß es nicht wehtut, von jemandem bemitleidet zu werden, der dich liebt.
Die Illusion, daß es nicht wehtut, wenn die Erde zerstört sein wird.
Die Illusion, daß die Natur uns gehört.
Die Illusion, daß die Kultur uns allen gehört.
Die Illusion, daß die Welt eine Scheibe ist.
Die Illusion, daß Magie nicht mehr existiert.
Die Illusion, daß ein Daumen, den wir nach oben strecken, die Welt verändern kann – die bessere Magie.
Die Illusion, daß es keine Fakten mehr gibt, die nur Fakten sind.
Die Illusion, daß es keine Gefühle mehr gibt, die nicht auch Fakten sind.
Die Illusion, daß das bedingungslose Grundeinkommen alles lösen wird.
Die Illusion, daß der bedingungslose Cappuccino für alle alles lösen wird.
Die Illusion, daß Katzen niedlich sind.
Die Illusion, daß rasierte Brüste und Muschis begehrenswert sind.
Die Illusion, daß wir die Einsamkeit bevölkern können.
Die Illusion, daß, wenn das Talent wächst, auch das Herz mitwächst.
Die Illusion, daß Menschenrechte für alle dasselbe heißen.
Die Illusion, daß Völkerschauen rechtens waren und richtig.
Die Illusion, daß die Regierung uns doch versteht und bald nachgibt, bald.
Die Illusion, daß Leute aus fremden Ländern zum Arbeiten kommen und dann wieder gehen.
Die Illusion, daß ein paar Studenten eine Gesellschaft verändern können.
Die Illusion, daß eine Partei den Staat verändern kann.
Die Illusion, daß ein paar neue Parteien den Staat verändern können.
Die Illusion, daß eine Demonstration nicht verboten wird.
Die Illusion, daß eine Demonstation friedlich ablaufen wird.
Die Illusion, daß eine Demonstration am Ende –.1


  1. Text von Jörg Albrecht. 


Stephan Dybus — Illustrator, geboren 1987 in Magdeburg, studierte Kommunikationsdesign, lebt in Berlin.

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