20. September 2017 — Demokratisierung

Es ist schon wieder Wahl, mir kommt vor, es ist nun jede Woche Wahl, mal in diesem Land und mal in jenem, und mal ist es wichtiger und mal weniger wichtig, und manchmal ist die Wahl in jenem Land wichtiger als in diesem, doch in jedem Fall war es noch nie so (denkt Hydra), dass mich jede dieser Wahlen berührte, dass ich zitterte und dann in Tränen ausbrach, Tränen der Erleichterung oder der Wut, und ist das (flüstert Hydra der Lady mit dem Rollator zu, die ihr entgegenkommt) nun eine Rückkehr des Politischen, vielleicht sogar DIE Rückkehr des Politischen, die ich so lange erwartet?

Es ist Wahltag, und Hydra, die himmlische, heitere, läuft mit Handtasche (nicht: Handytasche, auch nicht: Herrenhandtasche) durch die Straßen und stöhnt und seufzt.

Und sie geht in das Gemeindehaus oder in das Seniorenstift oder in die Grundschule, von 8 bis 18 Uhr geht sie laut ihrem Google Calendar an jenem Sonntag wählen, wählen und weinen, weil sie nicht weiß, was sie wählen soll, und weil sie weiß, dass zu viele die wählen werden, die niemals [NIEMALS!] wieder in einem deutschen Parlament sitzen sollten, und nun, am 24. September 2017, wird sich die Geschichte wieder mal als beratungsresistent erweisen und einfach mal machen, wovon sie denkt: Das muss auch mal (wieder) gehen.

Und Hydra, die hagere, humorlose Hau-drauf-Hydra, auf dem Weg zum Gemeindehaus oder zur Eckkneipe oder zum ehemaligen Schlecker-Ladenlokal (heute: Wahllokal) druckst herum und lungert herum und wischt auf ihrem klugen Telefon herum, um sich doch noch sicher zu werden, wen wählen. Protest formiert sich? Protest informiert sich! Mal sehen, was sie ihr in der world wide world empfehlen.

Jetzt sind Sie an der Reihe: Vergleichen Sie Ihre Standpunkte mit den Antworten der Parteien. Die Beantwortung dauert ca. 12 Stunden.

STIMME ZU – NEUTRAL – STIMME NICHT ZU

(Sie können keine) These überspringen

1/xy
Ich engagiere mich leidenschaftlich gern für den Klimawandel.

2/xy
Mit Verhedderungen und Irrtümern kann ich nicht umgehen.

3/xy
Genügend Müdigkeit für alle ist da.

4/xy
Genügend Vergangenheit für alle ist da. Deshalb können wir die Vergangenheit des Nationalsozialismus, die mit unserer Identität nicht mehr zu tun hat, die nur noch negativ mit unserer Identität zu tun hat, zur vergangenen Vergangenheit deklarieren und uns selbst zur zukünftigen Vergangenheit, also zur Vergangenheit für die Zukunft. Wir sind der überlebende Rassismus, wie selbst Ágnes Heller zugeben muss, Holocaust-Überlebende, selbst diese Überlebende gibt zu, dass auch wir mit unserem Rassismus überleben mussten.

5/xy
Ich bin 1946 geboren und in behüteten Verhältnissen aufgewachsen. Und siebzig Jahre später erst sehe ich: Die behüteten Verhältnisse waren nur eine gut gehütete Fiktion.

6/xy
Es gibt eine gar völkische Volkslust, auf die ganze Correctness zu scheißen, sich ein paar Paradeiser sorry TOMATEN und Eier und Trillerpfeifen zu schnappen und so richtig alles rauszulassen, HAU AB HAU AB HAU AB sich Luft zu machen, BUUUH BUUH BU-HU wozu hören und denken, wenn man stattdessen VOLKSVERRÄTER VOLKSVERRÄTER schreien kann, im kuscheligen Hasskollektiv.

7/xy
Wenn ich eine Zeitung bin, die ab und zu mal einen homophoben Text abdruckt, heißt das nicht, dass ich homophob bin.

8/xy
Wenn ich denke, der Markt ist immer noch nicht entfesselt genug, gehöre ich zu den kleinen Leuten des Großkapitals.

9/xy
Wenn ich die brandneuen/neu gebrandeten Liberalen bin (Lindner und der Rest der AFDP) und mich in liberaler Weise für harte Abschiebung einsetze, bin ich dann wie ein Heiratsplaner, der niemals selbst sein Glück findet?

10/xy
Ich werde nie in diesem Land ankommen.

11/xy
Dieses Land wird nie bei mir ankommen.

12/xy
Die Angst vor der Bombe rechtfertigt, das geringere Übel zu wählen.

13/xy
Die Angst vor Afrika rechtfertigt, das geringere Übel zu wählen.

14/xy
Die Angst vor meinem persönlichen sozialen Abstieg rechtfertigt, JA, das geringere Übel zu wählen.

15/xy
Ich habe mich schon oft gefragt, wie ich weiter zur Veränderung dieses Landes beitragen kann, doch immer stand mir der Staat im Weg. Der Staat und seine Repräsentant*innen standen mir im Weg. Ich fühlte mich wie ein Historienmaler, der Zeit, Platz und einen Mäzen sucht, aber keinen findet, dann seinen Unterhalt mit Porträtmalerei verdient und am Ende ein Museum vollgestopft hat, aber leider mit Bildern, auf denen Menschen zu sehen sind, die KEINEN SCHWANZ INTERESSIEREN.

16/xy
Das geringere Übel zu wählen, heißt in diesen Tagen, sich gegen bestimmte Grundprinzipien zu entscheiden, und für einstmals untragbare Kompromisse. Für die Zusammenarbeit mit Diktatoren und Despoten, zum Beispiel.

17/xy
Der Staat ist durch die Taten des NSU unglaubwürdig geworden. Der Staat ist durch die Morde an zehn Menschen und Anschläge auf Dutzende weitere und die jahrelange Fehlfahndung und das Verschleiern und das Schreddern und Ablenken von Bedeutungen unglaubwürdig geworden. Der Staat ist durch die rassistische Befragungspraxis der Polizei, die alle Angehörigen aller NSU-Opfer pauschal verdächtigte, unglaubwürdig geworden. Als Nebeneffekt hat es der NSU also tatsächlich geschafft, jenen gehassten Staat zu unterminieren. Auch ich brauchte so einen Staat, um Tragödien zu schreiben. Und erst jetzt, wo die Tragödien sich tagtäglich aufs Neue selbst schreiben und häufen, fange ich an zu beten: Ich glaube an den Staat, an die Mutter, die Allmächtige, ich glaube an das Funktionieren der Judikative und an die Rechte der Einzelnen. Amen.

An dieser Stelle ein kurzer Abriss:

18/xy
It is not that assimilation prevents one from being real but that it renders impossible the experience of being secure within such a fiction.

19/xy
Sind nun die westlichen Werte eine Fiktion und selbst erneuerungsbedürftig, oder wollen wir sie gegen die Angriffe von Rechts (durch die Neonazis, durch den Neoliberalismus, durch den religiös motivierten Terror) verteidigen?

20/xy
Es ist ja bekannt, dass die ersten vehementen Einwände gegen die allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom Verband der amerikanischen Anthropologen kamen, der in diesem Dokument die illegitime Universalisierung westlicher Ordnungsvorstellungen für den Rest der Menschheit sah.

21/xy
Menschen, die sich bei Verhandlungen versammeln und über eine Charta beugen und sagen: Wir können nicht alles auf diese Karte setzen, es muss auch noch andere –! und der Realität so den Anschein des Verhandelbaren geben.

22/xy
Menschen, die sich mit ihren Bierflaschen in der Post versammeln und ihr den Anschein einer Kneipe geben.

23/xy
Menschen, die sich mit ihren Aluhüten und Fackeln auf dem Marktplatz versammeln und ihm den Anflug eines Hinrichtungsplatzes geben.

24/xy
Achtung, Achtung! Die kleine Democratia möchte bitte aus der Wahlkabine abgeholt werden!

25/STIMME ZU – STIMME AUF
Zunächst mal möchte ich sagen, so viel Zeit muss sein. Ich kann mich nur wiederholen. Lassen Sie mich bitte mal ausreden. Wir können dem Klimawandel nicht, wir brauchen den Diesel, niemand möchte den Bürgerinnen ihre Autos, es geht hier nicht um uns, sondern auch um die nächste und übernächste, wir müssen mehr Anreize, es gilt, alles zu tun, dieses Land soll, die Menschen in diesem Land, die hart arbeiten, alle Bürgerinnen müssen, eine Arbeitnehmerin, die 40 oder 45 Jahre lang gearbeitet hat, die Krankenpflegerin, die jeden Morgen aufsteht, wir brauchen mehr Brückentechnologie, nein, Bildung ist der wichtigste Rohstoff, nein, Diesel, Diesel!, die Gleichberechtigung haben wir erst erreicht, wenn, Flucht- und Migrationsursachen müssen, Deutschland ist ein Einwanderungsland, ein AfD-Land, ein deutsches Land, ein LALA-Land, die anerkannten Flüchtlinge müssen, der Diesel muss, die Brückentechnologie muss, die illegalen Migrationsströme müssen, wir streben weiterhin, der beste Integrationsmotor, wir brauchen, die Türkei, die Türkei, die TÜRKEI!, Elektrofahrzeuge! Brückentechnologie! Bildung! Bildungschancen! Dialogprozess! Aufbruch! Umbruch! Übrigens bin ich stocksauer. Ja. Es geht uns gut, Deutschland geht es, Deutschland steht vor, Deutschland muss zukunftsfähig, Deutschland hat einen intensiven, Gestaltungsraum gibt, die Sorgen müssen, die Agenda 2010 müssen wir, WIR sind auf einem guten, es ist nicht gottgegeben, wir haben Großartiges, zunächst mal möchte ich sagen, man wird nicht für vergangene Dienste, so viel Zeit muss sein. Ich kann mich nur wiederholen.

26/NEUTRAL ZU – STIMME AUF: Etwas Musik wäre schön
Angie, Angie / Denk ich an Deutschland in der Nacht / When will those dark clouds all disappear / Angie, Angie / Dann bin ich um den Schlaf gebracht / Where will it lead us from here / Ich kann nicht mehr die Augen schließen / With no lovin' in our souls / And no money in our coats / Und meine heißen Tränen fließen / You can't say we're satisfied / Angie, Angie / You can't say we never tried / Die Jahre kommen und vergehn! / Angie, you're beautiful / But ain't it time we say goodbye

img_9533-820x615-q92
who will be your queen of hearts?

27/xy
Für anspruchsvolle Wähler*innen ist die Verzögerung genauso wichtig wie Beschleunigung.

28/xy
Für anspruchsvolle Parteiprogramme ist die Verzögerung genauso wichtig wie Beschleunigung.

ABER EIGENTLICH befindet sich Hydra in diesem Augenblick auf dem Meldeamt und weil sie einen A-Klasse-Pass hat, nämlich einen EU-A-Klasse-Pass, hat die Dame vom Meldeamt nach dem Ausfüllen aller Formulare lächelnd gesagt: WILLKOMMEN in DEUTSCHLAND!

NEIN NEIN EIGENTLICH hat Hydra einen ganz beschissenen sogenannten Migrationshintergrund inkl. ganz beschissenem C-Klasse-Pass, und sie zieht eine Nummer am Meldeamt und wartet, eine Nummer nach der anderen wird aufgerufen und Hydra wartet und die Minuten Stunden Jahrhunderte Wahlkampfveranstaltungen Parteien ziehen vorbei, während Hydra wartet und wartet und

Hydra wird Deutschland nie verstehen.

29/xy
Neulich vorm Curry 66, Hydras Tinderdate mansplained: Wählen ist wie Zähneputzen, wenn man’s nicht macht, wird’s braun.

30/xy
Jenseits von Richtig oder Falsch gibt es einen Ort, dort treffen wir uns. (Rumi-Schulz)

31/xy
Jenseits von Richtig oder Falsch, kurz vor Mecklenburg-Vorpommern, gibt es einen Ort, dort treffen wir uns.

32/xy
Entschuldige, sind hier noch zwei Plätze frei? Fragte er, ich nickte, er setzte sich. Nur er. Allein. Ich hatte falsch verstanden? Ich hatte nichts falsch verstanden. Er war nicht allein. Er saß dort, zu zweit, als zwei, und sein Gespräch, ihr Gespräch, das Gespräch dieser zwei war voll Intelligenz, Zärtlichkeit und sprühendem Witz, und ich fragte mich, ob ich je so eins wieder hören würde, zwischen zwei Menschen.

33/xy
Die Botschaft, die wir mit unserem Parteiprogramm verbreiten wollen, ist Toleranz, Respekt und Liebe.

34/xy
Die Botschaft, die wir mit unserem Parteiprogramm verbreiten wollen, ist die Botschaft selbst.

35/xy
Wählen Sie hier für neue Mauern.

36/xy
Wählen Sie hier für neue bauliche Maßnahmen.

37/xy
Wählen Sie hier für mehr Abbau.

38/xy
Wählen Sie hier für neue Dystopien.

39/xy
Wählen Sie hier gegen

40/xy
Eine Wahl ist eine Wahl und kein Schönheitswettbewerb.

41/xy
Also, wenn Sie mich so fragen, ja, dann, also, durchaus: Ich wähle meist letztlich schon eher die schönen Gesichter, nicht? Wer will schon so unförmige Menschen immer im Fernsehen sehen, und dann erst im Parlament!

42/xy
Sie befinden sich hier.

43/xy
Wählen Sie hier gegen die Zukunft.

44/xy
Wählen Sie hier für die Nostalgie.

45/xy
Wählen Sie hier für mehr Emotionen in Sachfragen.

46/xy
Wählen Sie hier, wenn Sie nicht mehr weiter wissen. (Wir erledigen den Rest.)

47/xy
Wählen Sie hier, wenn Sie nicht mehr alleine sein wollen.

48/xy
Sie befinden sich hier.

49/xy
Wählen Sie hier, wenn Sie die Zeit nicht mehr verstehen. (Wir verstehen sie auch nicht, aber wir tragen Slim-Fit-Anzüge und wirken kompetent.)

50/xy
Wählen Sie hier, wenn Sie mehr Expertenrunden wünschen.

51/xy
Eine Wahl ist eine Wahl und keine Schachtel Pralinen.

52/xy
Obwohl, muss schon sagen: Eine gute Schachtel Pralinen, also, da werden Sie mir recht, ist dann am Ende immer noch besser als jede Wahl.

53/xy
Wählen Sie hier, wenn Sie keine Expertenrunden wünschen.

54/xy
Wählen Sie hier, wenn Sie den Expertenrunden einfach gern lauschen, wie einem Noise Album aus den späten Neunziger Jahren, erinnern Sie sich noch an diese Zeit, erinnern Sie sich noch an irgendeine Zeit, erinnern Sie sich noch, dass Erinnerungen einmal ihr Motor waren, ihr Antrieb, weil die Erinnerungen Sie mit ihrem früheren Ich in eine Komplizenschaft setzen, aus der eine Verantwortung der Gegenwart gegenüber der Vergangenheit und damit der Zukunft entsteht, erinnern Sie sich noch an diese Zeit, in der ihre eigenen Erinnerungen und die anderer, die sie geteilt haben, miteinander waren, während ihre Körper sich berührt haben, ohne etwas voneinander zu wollen, nur diese Berührung. Erinnern Sie sich noch an diese Zeit? Erinnern Sie sich noch, an diese ganz surreale, andere, Ihre verdrängte Welt, die Sie Tag für Tag beiseite schieben, um durch die Gegenwart zu kommen, am Ende des Tages, erschöpft, planlos, aber noch am Leben, erinnern Sie sich noch an diese Zeit, als Sie nicht gehofft hatten, zu überleben, sondern gehofft hatten, in einer besseren Zeit aufzuwachen.

55/xy
Achtung, Achtung! Die kleine Democratia sucht noch immer nach ihren Wähler*innen!

56/xy
Welcome to the desert of the real.

57/xy
Wählen Sie hier, wenn Sie genug haben vom Raubbau an ihrem Smartphone.

58/xy
Bestimmte Grundprinzipien sind immer nur dann hilfreich, wenn es allen gut geht. Wenn wir Gefahr laufen, das Gute, das wir NOCH haben, zu verlieren, ist das Prinzipielle meist im Weg. Und das Bestimmte variabel dehnbar.

59/xy
Wählen Sie hier, wenn Sie die Schnauze voll haben (mit vollem Mund wählt es sich leichter).

60/xy
Wählen Sie hier, wenn Sie die Schnauze leer haben (daran sind sicher wieder die anderen schuld).

img_4467-820x820-q92
wir are closed today.

61/xy
Wählen Sie hier.

62/xy
Wählen Sie hier.

63/xy
Wählen Sie hier.

64/xy
Irgendwo in einer verlassenen Wahlkabine zerbricht ein Begriff.

65/xy
Sorry, ich habe gerade an was Wichtigeres gedacht. (Pizza.)

66/xy
Man kann immer neue Tragödien erfinden. Braucht man nicht die alten wiederholen.

67/xy
Die Angst rechtfertigt im Übrigen eh alles, denn am Ende des Wahltages wollen wir angstfrei in die Zukunft schauen.

68/xy
Wählen Sie hier die Angstfreiheit.

69/xy
Mit jeder Wahl finde ich mich mehr und mehr damit ab, dass ich in Relationen wähle. Es ist eine relative Entscheidung, die ich treffe. Nie eine absolute. Manchmal entscheide ich mich also für relativ üble Nebenwirkungen, wenn ich für etwas absolut einstehen möchte. Und ich argumentiere die relative Entscheidung mit der Hauptsache, um die es doch ginge. Und oft ist diese Hauptsache wiederum nur negativ bestimmbar, immer seltener aus einem positiven Gedanken heraus: So lautet die Wahlintention sehr oft nur: HAUPTSACHE NICHT! Jede meiner Wahlen ist also meist eine relative und negativ vorbestimmte Richtungsentscheidung mit absoluter Abweichungswahrscheinlichkeit von der Hauptsache, um die es mir ginge.

Ich fühle mich so matt!
Kein Wunder, du bist Schach Matt!
Wahl-O-Matt.

70/xy
Man kann keine neuen Tragödien erfinden, weil uns dafür das tragische Bewusstsein fehlt.

71/xy
Man kann keine alten Tragödien erzählen, weil wir sie nicht mehr verstehen.

72/xy
Man kann nur mehr noch hinter ihnen herlaufen, mit Kommentaren und Fußnoten, und sie andauernd mit unserem Unverständnis bewerfen.

73/xy
Neue Tragödien wären schön, richtige Tragödien, große, schwere, bedrückende Tragödien, aber hinsichtlich der derzeitigen Regelung spätmoderner ironischer Selbstdistanzierung und dem momentanen Zustand der individuellen Entfremdung muss davon ausgegangen werden, dass auch diese Legislaturperiode wieder keine große, neue, schwere Tragödie kommen wird.

74/xy
Vote us for your very own personal tragedy.

75/xy
Vote us, the next big tragedy.

76/xy
Vote now. A tragedy.

77/xy
VOTE AS FUCK! VAF VAF VAF

78/xy
Vote forever.

79/xy
Vote. Revenge of the Tragedy.

80/xy
We want you to vote now.

Just do it!

81/xy
Der Verfall demokratischer Gesellschaften und das Verschwinden des Tragischen, ein Epos in mindestens fünf neuen, unabhängigen Listen.

82/xy
Welcome to I-Vote! Ihre App, wenn Sie in der Kabine nicht weiterwissen. Wählen Sie mit uns strategisch. Wenn Sie Ihre Stimme abgeben wollen, aber nicht wissen, wo und nicht wissen, warum, aber auf jeden Fall etwas loswerden wollen, geben Sie hier Ihre Stimme ab, I-Vote sorgt dann schon dafür, dass sie dort ankommt, wo sie gerade gebraucht wird - Ihr I-Vote-Service ist für die erste Bundestagswahl gratis, mit einem kostenpflichtigen Update erhalten Sie auch Zugriff auf Landtagswahlen, Regionalwahlen und dürfen einmal die Woche mit einem echten Lobbyisten telefonieren.

83/xy
Welcome to the desert of the real (irgendwo in einer Wahlkabine zerbricht ein Begriff).

84/xy
Sie hatten einmal die Wahl.

85/xy
Sie hatten einmal eine Stimme.

86/xy
Sie hatten einmal eine Möglichkeit.

87/xy
(Erinnern Sie sich noch an diese Zeit – als es noch Möglichkeiten gab?)

88/xy
(Erinnern Sie sich noch an diese Zeit – als es noch Erinnerungen gab?)

89/xy
(Sie haben überlebt – mehr nicht.)

90/xy
In einer Wahlkabine liegt einsam ein zerbrochener Begriff. Am Ende des Wahltages wird ein Besen kommen und die Einzelteile zusammenkehren. Ein schönes neues Wort könnte später daraus entstanden sein. Sehen Sie’s? Es wartet auf Sie, dort, hinter dem Wahllokal, wo die Müllcontainer sind, um aufgefunden zu werden.

WAHL-O-MAT

SCHREIT EINER IM VORBEIGEHEN

WAHL-O-MAT

AS A VOTER YOU HAVE TO FOCUS YOU CONSTANTLY HAVE TO FOCUS FOCUS FUCK US FUCK US!

WAHL-O-MAT

SCHREIT EINE HALBTOT AUS DER WAHLKABINE DIE EINFACH NICHT WEISS WO SIE IHR KREUZ HIER WO DIE DAS BITTE WO DIE DAS SETZEN WO SOLL ICH DAS DENN MEIN KREUZ WO DENN

91/xy
Wählen Sie hier für noch mehr Stimmabgaben. Mehr Stimmen! Mehr Stimmen! Noch mehr Stimmen! Wählen Sie hier! Noch mehr Stimmen! Noch mehr Stimmen! Hier! Noch mehr! Noch mehr! Noch mehr! Mehr Stimmen! Wählen Sie! Wählen Sie! Los! Wählen Sie! Der Markt kann alles – nur nicht wählen, der erschlägt Sie mit seinem Angebot, aber wählen müssen Sie am Ende – Vermarktung aller Bereiche, wenn die Stimmabgabe zum multiple choice Test verkommt.

92/xy
Manchmal, wenn Sie wählen könnten, würden Sie nicht lieber gern einfach nur erschöpft zusammenbrechen? Keine Stimme abgeben, stattdessen hinausgetragen werden, apathisch aus der Wahlkabine. Stimmraub, wäre das dann Stimmraub?

93/xy
When did I shed a tear the last time about this tragic time of ours – that does not even know how tragic it has become. Posttragic wisdom – das ironische Weglächeln der eigenen Entfremdung, der Hass untereinander, den man sich teilt, so, dass er sich fast schon wieder wie Liebe anfühlt.

img_4767-820x820-q92